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Die akuellen News von www.mouches-volantes.com
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Die Wahrnehmung der MV hat meiner Meinung nach grundsätzlich mit dem Bewusstseinszustand zu tun. Nach der Lehre von Nestor, meinem Lehrer, verweisen die Punkte und Fäden weniger durch ihre Form, sondern v.a. durch ihre Nähe und Leuchtkraft auf veränderte Bewusstseinszustände, Hier gilt: je intensiver (erweiterter) unser Bewusstsein, und je offener unser Körper und ungehinderter unser Energiefluss ist, desto leuchtender und grösser nehmen wir unsere MV wahr. Nestor spricht allerdings auch von „Wegmarken“, d.h. besonderen Fäden und Konstellationen von Punkten in dieser Sturktur, die (ähnlich den indischen Chakras) visuelle Ausdrücke verschiedener Bewusstseinsstufen sind. Interessant ist hier, dass er von einer „Brücke“ spricht, d.h. einem doppelbögigen Faden, der den Übergang von der rechten auf die linke Bewusstseinshälfte markiert, d.h. den Übergang vom Menschen zum Seher. Diese Brücke kann je nach Bewusstseinszustand verschiedene Formen annehmen, sie kann auch als eine „3“ bzw. eine spiegelverkehrte „3“ erscheinen (siehe das 4. Kapitel meines Buches). D.h. dieser Faden kann gut als „Om“ interpretiert werden Von daher ist es durchaus denkbar, dass du durch das Singen des Om dich in einen Bewusstseinszustand versetzt hast, der diesen Faden in deiner Struktur entsprechend geformt und beleuchtet hat.
Darstellungen des Om in verschiedenen indischen Schriftsystemen.
Es ist sogar denkbar, dass das Om (und andere spirituelle oder selbst sprachliche Symbole) ihren Ursprung in der Wahrnehmung von entoptischen Erscheinungen haben: Menschen, die im Rahmen ritueller Bewusstseinsveränderung Nachbilder, MV, Formkonstanten u.a. sehen, neigen dazu, ihnen eine besondere (religiöse oder spirituelle) Bedeutung beizumessen. Nehmen wir an, dass genügend heilige Frauen und Männer in Zentralasien in ihren MV oder anderen entoptischen Erscheinungen Om-ähnliche Formen sahen und sich darüber verständigten, so könnte dies der Ursprung dieses Symbols sein. Gleichzeitig müssen wir aber auch wissen, dass bei solchen Assoziationen nicht nur unser Bewusstseinszustand bzw. Bewusstseinslicht eine Rolle spielt, sondern auch unsere Bewusstseinsinhalte. D.h. wir projizieren Formen, die aus unserem Alltag bekannt sind (wie eben „Brücke“ oder „Om“) und mit denen wir uns gegenwärtig beschäftigen. Verliebte könnten Herzen und Gläubige Engel in ihren Fäden sehen, für Augenheilkundler sind es zerfallene Glaskörperstrukturen, Biologen erkennen ihre MV als Zellen oder als eingelagerte Zysten (siehe newsmaerz2008), und bei englischen Investmentbanker könnten in diesen Tagen schwer festzuhaltende Pfund-Symbole über den Bildschirm huschen. Auf diese Weise füllen wir unsere Bewusstseinsstruktur mit Sinn und Bedeutung. Das ist für unsere Auseinandersetzung und Bewusstseinsentwicklung sicherlich wichtig, hat aber auch seine Grenzen: Wenn wir MV als Meditationsobjekt einsetzen, kommt irgendwann der Punkt, wo solche Zuschreibungen nicht mehr so wichtig sind. Es ist genau in diesen Momenten der inneren Stille, wo MV nicht mehr und nicht weniger als leuchtende Kugeln und Fäden sind – und das genügt dann vollkommen.
Falls ihr von irgendeinem grob- oder feinstofflichen Phänomen wisst, das als Mouches volantes interpretiert werden könnte; oder wenn ihr alternative Vorschläge habt, was MV eigentlich sind, dann sendet sie mir zu, ich bin sehr daran interessiert. E-Mail: floco.tausin (at) mouches-volantes.com
Teil 4: Erklärung verschiedener entoptischer Phänomene durch das farb- und bildgenerierende geistige Medium
Bild VI: „Herzheilung“.
Als praktisch
tätiger Arzt bin ich sehr an den Vorgangen des Heilens interessiert,
die ja vermutlich gleichfalls in diesem energetischen Raum ablaufen
müssen. Wir umschreiben zum Beispiel vage einen inneren Arzt und machen uns weiter keine Gedanken darüber, wie er arbeitet.
Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem Abwehrsystem und kennen doch lediglich eine gewisse Anzahl aktiver Zellularmaterie.
Über die grossen Zusammenhänge aber ist wenig bekannt. Meine
Erfahrungen besagen nunmehr, dass man Heilung auch sehen kann. Wer einen
Blick auf Bild VI wirft sieht auf ein solches Ereignis. Es betrifft
mich selbst und ich habe es "Herzheilung" genannt. Man muss
sich aber klar darüber sein, dass es sich um eine Art Momentaufnahme
handelt, die einen dynamischen Aspekt nicht vermitteln kann. Zu diesem
Thema gäbe es ungeheuer viel anzumerken, was ich hier aber nicht
tun möchte. Es muss als Hinweis genügen, dass sich viel Rätselhaftes
aus der
Bild VII
Man kann nun auch überprüfen, inwieweit diese Vostellungen dazu geeignet sind, ein prismatisches Phänomen zu erklären, für das es immer noch keine einleuchtende Erklärung gibt. Dazu betrachten wir die Darstellungen auf den Seiten Bild X und Bild XI. Schon Goethe fand, dass sich beim Blick durch ein dreieckiges Prisma Farbstreifen stets dort zeigten, wo Helles und Dunkles aufeinander stossen und er schloss daraus, dass die Farben dort "geboren" werden, wo Helligkeitsunterschiede auftreten. Wenn wir annehmen, dass es Schwarz und Weiss physikalisch gesehen gar nicht gibt, sondern immer nur Farbgemische, die uns eine solche polare Existenz, die ausserhalb der Farben steht, suggerieren, dann bleibt, dass wir eigentlich ausschliesslich Farbiges ansehen. Über die Grundfarben solcher Gemische wurde viel spekuliert, ich denke aber, dass es sich um Gelb und Rot sowie Blau und Grün handelt, eben die Farben, die man als Randerscheinungen beim Blick durch das Prisma auf ein weisses Quadrat vor schwarzem Hintergrund erblickt. Licht als solches bleibt unsichtbar und dient als Energie, um diese Vorghge zu ermöglichen. Bekanntlich ist ein Lichtstrahl als solcher auch nicht direkt sichtbar.
Bild VIII
Ein weisses Papier auf schwarzem Grund – umgekehrt auch – schafft das Problem der Kontrastbildung. Das farbgenerierende Medium geistiger Natur muss dazu dann Farbmischungen aus den vier Grundfarben verwenden. Auf der einen Seite verstärkt es dann wohl den "schwarzen" Rand unter Verwendung von Blau und Grün, auf der anderen Seite aber den weissen Rand mit Rot und Gelb. Beim Blick auf das Originalpapier sehen wir aber nur die Farbmischungen, die wir dann als Weiss oder Schwarz wahrnehmen. Diese Farben unterliegen den Gesetzen der raumzeitlichen Physik und damit den optischen Gesetzen. Sie werden beim Durchwandern des brechenden Prismas entmischt und kommen neben- oder übereinander als Streifen zur Darstellung. Diese Vorstellung liefert zumindest eine Erklärung für dieses alte Rätsel der farbigen prismatischen Randerscheinungen und spricht für die Existenz eines farb- und bildgenerierenden geistigen Mediums.
Bild IX
Wenn das so ist, wird man auch mit einem alten Irrtum aufräumen müssen. Bei der Betrachtung einer Körperkontur, zum Beispiel einer Schulter im Gegenlicht, erscheint bei ausreichender Übung des Auges und seiner sicheren Ruhigstellung nach einer gewissen Zeit ein heller Streifen entlang der betrachteten Konturlinien. Dieser wird üblicherweise als ein Bestandteil der menschlichen Aura angesehen. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Phänomen aber um Farberscheinungen, die man als Ausdruck der Kontrastbildung an optischen Grenzflächen unterschiedlicher Helligkeit ansehen muss. Es handelt sich dabei um ein randständiges Farbgemisch, das die farb- und bildgenerierende Matrix erzeugt. Bei Betrachtung mit einem Prisma würde diese Randzone "entzerrt" und als Farbstreifen sichtbar werden. Wie sich mir Eindrücke des Denkens und Fühlens sowie des Rechnens und des Betens visuell darstellen, um nur einige Beispiele einer sichtbaren geistigen Tätigkeit zu erwähnen, bieten sich bevorzugt die Bilder an, die ich davon malen könnte. Zu einer eindrucksvollen und zugleich synästhetischen Darbietung kommt es beim Anhören von Musik. Dann formieren sich die sichtbaren Energien zu ästhetisch-wolkigen Gebilden, die sich in harmonischen Farben umeinander bewegen und mir einen Genuss an der Musik vermitteln, der das gewohnte Mass weit überschreitet. Besonders eindrucksvoll ist dieses Schauspiel dann, wenn ich Werke von J.S.Bach höre, die ich seither besonders liebe. Zum Schluss dieser sehr fragmentarischen Schilderungen möchte ich J.W.v.Goethe mit einem bekannten Vers zitieren, der das in dichterische Form gegossen hat, was ich in Wort und Bild – nur sehr vie1 umständlicher – berichtet habe. Wär‘
nicht dein Auge sonnenhaft,
Nachwort Ich glaube es war sinnvoll, diesen ersten Blick auf die Geistige Welt kurz zu halten. Die Botschaft, die dahinter steht ist bewegend und bestürzend zugleich und bedarf keiner weiteren Ausführung – sie lautet: Nichts
ist wirklich so, wie es scheint,
Vertreter des Vitalismus, ob Komplementärmediziner oder Philosophen, befinden sich grundsätzlich in der Defensive, wenn sie erklären müssen, was dieses vitalistische Prinzip genau ist; und sie müssen regelmässig passen, wenn es darum geht, dieses Prinzip nach wissenschaftlichen Massstäben zu beweisen. Hier setzt der Arzt und praktizierende Komplementärmediziner Tim Duerden mit seinem Artikel „An Aura of Confusion“ an. Er erinnert daran, dass manche Vertreter der komplementär- und Alternativmedizin bestimmte subjektive visuelle Phänomene, darunter auch entoptische Erscheinungen, als Beweis heranziehen, um vitalistische Ansprüche und Behauptungen zu stützen – etwa, dass es eine Lebensenergie gibt, und dass man sie direkt sehen könne. Für Duerden sind vitalistische Interpretationen Fehlinterpretationen. Er will aufklärend wirken, also widmet er den grössten Teil dieses Artikels der Beschreibung und physiologischen Erklärung einer Reihe von optischen Täuschungen und entoptischen Phänomenen, darunter Kontrastbilder, komplementärfarbene Nachbilder, Phosphene und die in gewundenen Bahnen flitzenden „Sternchen“ (flying corpuscles). Leider versäumt es der Autor weitgehend, bei diesen Phänomenen konkrete Beispiele ihrer vitalistischen Anwendung zu nennen. Nur gelegentlich stellt Duerden vage und spekulative Überlegungen an, wie es dazu kommen könnte, dass Menschen solche Erscheinungen als Ausdruck von Geist, Bewusstsein oder Intelligenz interpretieren. So sei beispielsweise bekannt, dass Phosphene, die bei geschlossenen Augen als farbige Flecken wahrnehmbar sind, durch gewisse akkustische Frequenzen verstärkt werden können: Tiefe, nicht hörbare Frequenzen würden im Auge Vibrationen erzeugen und damit Entladungen retinaler Zellen bewirken; zudem könnten sie ein Gefühl von Unwohlsein in den Betroffenen auslösen – was eine Ursache sein mag für so manche Spukgeschichte. Und über die fliegenden „Sternchen“, die beim Blick gegen den Himmel sichtbar werden, erfahren wir nur, dass sie oft als vitale Energie oder prana beschrieben werden.
Quelle: Rotierende Honigwaben-Struktur beim Druck auf die Augen: mystische Erscheinung oder das Ergebnis von feuernden Netzhaut-Nervenzellen in Verbindung mit kortikalen Bildverarbeitungsprozessen?
Diese allgemeine und unkonkrete Herangehensweise schwächt schliesslich auch die Warnung des Autors ab: Nämlich dass manche der beschriebenen Erscheinungen von charismatischen Persönlichkeiten gebraucht werden könnten, um leicht beeinflussbare Menschen zu überzeugen. Ein charismatischer Redner könne, so Duerden, diese Effekte zu seinem Vorteil ausnutzen, wenn er sich beispielsweise selbst als Mensch mit mächtiger Aura darstellen will. Dazu müsste er die Leute veranlassen, auf seinen Kopf zu starren, was zur Wahrnehmung eines Lichtkranzes um den Kopf führt, v.a. wenn der Redner die Lichtkontraste durch sorgfältige Beleuchtung verstärke. Auch andere Experimente mit Kontrast- und Nachbildphänomenen könnte den Menschen suggerieren, dass sie Auras sehen, und dass der Charismatiker ihre Sensitivität zu erkennen imstande sei – dies alles könnte das Publikum offen für weitere Beeinflussungen machen. Der Autor will aber nicht abstreiten, dass subjektive visuelle Erscheinungen für manche Menschen eine sehr grosse Bedeutung erlangen, gerade auch in einem gesundheitlichen Sinn. Duerden vermutet nämlich, dass unter den vielen unbewusst ablaufenden physiologischen und psychischen Prozessen auch subtile Informationen über den Gesundheitszustand oder die Vitalität zu finden sind. Einige Menschen könnten zu diesen Informationen Zugang haben, indem sie sich nach innen konzentrieren. Dabei spielen visuelle Erscheinungen insofern eine Rolle, als die Konzentration darauf hilft, innere, veränderte Bewusstseinszustände zu erreichen. Auf diese Weise würden entoptische Phänomene mit Meditation, Trance, religiösen Erfahrungen sowie eben Erfahrungen der Heilung und Gesundheit in Zusammenhang gebracht. Duerden erwähnt die MV zwar nicht. Aber die besondere spirituelle und gesundheitliche Bedeutung, die diese Punkte und Fäden für viele Menschen, mich eingeschlossen, haben, verleiht ihnen ebenfalls eine „aura of confusion“: Bewusstseinsstruktur oder Glaskörpertrübung? Oder allgemeiner: Geist oder Materie? Vitalismus oder Mechanismus? Das ist die Frage. Ist das wirklich die Frage? Für Duerden offenbar schon, und das zeigt, wo er steht, und was wir von ihm lernen können: Er geht a priori davon aus, dass entoptische Erscheinungen grundsätzlich nichts mit dem Heilungsprozess oder veränderten Bewusstseinszuständen zu tun haben. Solche Phänomene haben ihm zufolge klare physiologische Grundlagen und sind Teil des normalen visuellen Systems des Menschen. Zugleich versucht er zu verstehen, wie es dazu kommt, dass diese Erscheinungen für manche Menschen eine so grosse, oft nicht nachvollziehbare Bedeutung haben können. Die Antwort sucht er – Überraschung! – in der Psyche des Menschen. Doch dieser physiologische Reduktionismus ist nur das Gegenteil der vitalistischen Überhöhung durch manche Vertreter der Esoterik und Komplementärmedizin. Insgesamt hält Duerden also am Gegensatz zwischen Naturwissenschaft (objektiv, logisch, kohärent, bewiesenes Wissen etc.) und religiösen, spirituellen oder alternativmedizinischen Erkenntnissystemen (subjektiv, willkürlich, spekulativ etc.) fest. Doch diese Trennung lässt sich heute nicht mehr aufrechterhalten. Längst ist bekannt, dass auch in der Naturwissenschaft subjektive, psychische, soziale und kulturelle Mechanismen am Werk sind, die das exakte Wissen eben nicht mehr ganz so exakt und objektiv erscheinen lassen. Die Frage ist, wie wir mit diesen beiden Welten, die sich in subjektiven visuellen Erscheinungen treffen, umgehen. Ich bin dafür, dass wir beiden Erklärungen den nötigen Raum geben, aber keine verabsolutieren: Ja, MV und andere entoptische Phänomene haben eine physiologische Grundlage, wie alle Wahrnehmungsphänomene – wir sollten prüfen, ob und wie sie mit unserer Beobachtung übereinstimmen; ja, entoptische Phänomene können eine grosse spirituelle Bedeutung haben für manche Menschen, wie grundsätzlich alle Dinge – wir sollten uns bewusst sein, wie es dazu gekommen ist; ja, es ist schwierig, oft unmöglich, die wissenschaftliche und persönliche/spirituelle Erklärung vollständig in Einklang zu bringen – wir sollten sie nebeneinander stehen lassen und jene verfolgen, die uns am meisten zusagt; und ja, MV und andere Erscheinungen können grundsätzlich missbraucht werden, genauso wie alle Arten von Wahrnehmungen und Wissen, einschliesslich der Wissenschaft – wir sollten immer nach den Absichten der entsprechenden Leute fragen. Das ist ein Teil der gelebten Bewusstseinsentwicklung. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir die friedlichste Lösung stets jenseits des Denkens finden: In der stillen meditativen Betrachtung sind MV & Co. immer nur das, was sie eben sind: Momentane visuelle Realität. Das ist ein anderer, genauso wichtiger Teil der gelebten Bewusstseinsentwicklung.
Während der Ausdruck „Leuchtstruktur“ sehr selten verwendet und in Wörterbüchern vergeblich gesucht wird, hat der Begriff „Leuchtkugeln“ eine offizielle Bedeutung – es sind Leuchtkörper, die zur Signalisation und Aufklärung dienen, oder als Feuerwerk auch Schönheit und Freude erzeugen sollen. Solche Gebilde kommen im Militär seit dem 15. Jh. zum Einsatz und blieben bis tief ins 19. Jh. wenig verändert: Es handelte sich um einen mit Pech überzogenem und geschnürten rundlichen Beutel, der ein eisernes Gerüst und einen schwefel- und salpeterhaltigen Leuchtsatz enthielt. Im 19. Jh. wurden diese Beutel von Mörsern oder Haubitzen abgeschossen und beleuchteten auf diese Weise einzelne Stellen eines Terrains. Leuchtkugeln sollten in der Nacht über Feindbewegung oder möglichen Artilleriezielen im Belagerungskrieg aufklären. Nun ist die Bewusstseinsentwicklung kein Belagerungskrieg, und doch verbindet die beiden ein ganz zentrales Thema: nämlich dasjenige der Aufklärung und Aufhellung, der verstandesmässigen und geistigen Erleuchtung. Schon manche der deutschen Autoren des 19. Jh. brauchten, beeinflusst von der Lichtmetapher der „Aufklärung“ im 18. Jh., das militärische Aufklärungswerkzeug in einem metaphorischen Sinn. In „Die Nachtwachen des Bonaventura“ (vermutlich von Ernst August Friedrich Klingemann) versichert uns der Ich-Erzähler, der seine geistige Entwicklung beschreibt, dass es bei ihm anfing „zu sprühen und zu funkeln, indeß konnten nichts weiter als poetische Leuchtkugeln zum Vorschein kommen, um das Terrain zu rekognosciren, aber keine Bomben um zu zersprengen und zu verheeren.“ Ein wilder Goethe dagegen schreibt an seinen Sohn, dass er seinem Freund Zeltern „eine schwer geladene Bombe in's Haus werfe und wünsche daß sie die Wirkung einer Leuchtkugel thun möge.“ Weniger kriegerisch bei E.T.A. Hoffmann, hier lässt ein Verehrer im Wettbewerb um die Gunst des Fräuleins von Scuderi „seine Leuchtkugeln in den schwarzen tragischen Himmel steigen.“ Und Jean Pauls (Johann Paul Friedrich Richter) entrückter Erzähler fängt die Stimmung des verliebten „Schulmeisterlein Maria Wutz“ mit den Worten ein: „O du Vater des Lichts! mit wie viel Farben und Strahlen und Leuchtkugeln fassest du deine bleiche Erde ein!“ Die „Leuchtkugeln“ als Metapher für kriegerische Auseinandersetzung und geistige Erleuchtung fanden in Deutschland schliesslich ihren Weg in den Kampf zwischen Liberalen und Konservativen in den Jahren um die Märzrevolution von 1848. Zahlreiche Satire-Zeitschriften dieser Zeit zogen die Politik der konservativen traditionalistisch gesinnten Eliten ins Lächerliche und standen ein für Demokratie, politische und wirtschaftliche Freiheiten, Trennung von Kirche und Staat sowie einen starken Nationalstaat, der diese Grundrechte sichern würde. Eine dieser Zeitschriften war die Münchener „Leuchtkugeln“, die zwischen 1847 und 1851 erschien, ehe sie verboten wurde. Das Titelbild der 113. Ausgabe vereinigt die militärische und aufklärerische Bedeutung der Leuchtkugel auf eine witzige Weise: Die Engel der linken Seite attackieren die Priester und christlich-konservative Elite auf der rechten Seite unsanft mit Leuchtkugeln. Dabei scheint dieses himmlische Licht tatsächlich zu viel des Guten zu sein, der kleinbürgerliche Verstand wird dadurch eher geblendet als erleuchtet.
Quelle: Für einmal nicht Amors Pfeil: Himmlische Leuchtkugelgeschosse gegen Konservative. Titelblatt von „Leuchtkugeln“, Nr. 113.
Heute erhebt neben dem Militär und der Pyrotechnik auch die Beleuchtungsindustrie einen Anspruch auf den Begriff, wie der Blick ins Internet zeigt: „Leuchtkugeln“ sind hier meistens kugelförmige Leuchtartikel für den Wohnbereich und den Garten, sie sollen eher schön als erhellend wirken. Die Geschichte des Begriffs „Leuchtkugel“ zeigt somit das menschliche Streben nach Wissen und Schönheit, das paradoxerweise viel Konflikt und Leiden über die Menschheit brachte. Die Geschichte zeigt aber auch eine Tendenz zur Verinnerlichung der Leuchtkugel-Eigenschaften. MV als Leuchtkugeln bilden nun die Krönung dieses Prozesses. Mit ihnen hat das Streben nach Wissen und Schönheit einen ausschliesslich geistigen Aspekt: Wenn sich ein Seher konzentriert oder wenn er in Ekstase ausbricht, beginnt seine Leuchtkugeln aufzuleuchten. Dadurch taucht er sein Bild in geistiges Licht und bewirkt so eine Aufklärung seines Bewusstseins. Ein tieferes Verständnis über sich selbst und die Welt ist das Resultat dieses Vorgangs, genauso wie die Erkenntnis der Schönheit dieser leuchtenden Bewusstseinsstruktur. Dazu brauchen wir weder Mörser noch Raketen, weder Pech noch Schwefel – sondern einen bewusstseinsfördernden Lebensstil und hin und wieder einen Blick in den Himmel.
Quelle und Literatur:
Der Engel im Auge. Mouches volantes von Irene.
Warum Irene bei der Entspannung auf dem Liegestuhl jeweils auf diesen Punkt im Himmel blickte, weiss sie nicht. Vielleicht war es die merkwürdige Farbe in diesem Punkt, ähnlich derjenigen der Haut (grosse Kugel in der Mitte), die ihre Aufmerksamkeit erregte, oder aber die weiteren Kugeln und Fäden darum herum. Denn diese Struktur erinnerte sie bald an einen Engel: Die eckige Figur unten als Körper, die hautfarbene Kugel als Gesicht, und die geschwungenen Fäden oben als Flügel. Zudem schien das Gebilde eine eigentümliche Aura auszustrahlen (rot und blau), und wo es erschien, da wurde auch die Umgebung durch kreisende leuchtende Sternchen oder Pünktchen belebt (dargestellt als schwarze Punkte im Bild). Bald merkte Irene, dass sie diese Figur willentlich sehen oder eben nicht sehen kann, dass sie ihre Bewegungen leiten kann. Sie sorgte sich erst, da es sich in diesem Fall ja um etwas im Auge handeln musste. Nach einiger Internetrecherche und dem Besuch auf www.mouches-volantes.com aber geniesst sie heute die stillen Momente mit dieser Figur. So beobachtete sie, dass die MV im Glanz sonnenbeschienenen Metalls, etwa am Gestell ihrer Brille oder in der Spitze eines Kugelschreibers, viel intensiver und deutlicher zu sehen sind; und dass die Stimmung und Entspannung das Aussehen der MV verändern können; und dass die Kugeln und Fäden immer wieder nach unten fliessen. Und Irene scheut sich nicht, die wohl zentralste Frage zu stellen: „Auf der einen Seite bin ich fasziniert, auf der anderen Seite frage ich mich: was soll das alles, warum sehe ich diese Figur?“ Antworten darauf gibt es denkbar viele. Doch die für uns persönlich wertvollsten offenbaren sich, so glaube ich, im meditativen Sehen selbst.
Spirituelle Darstellung von entoptischen Phänomenen – Enso von Kanjuro Shibata
Quelle: Kanjuro Shibata: Enso, Kalligraphie, ca. 2000.
Enso, der „Kreis“, ist eines der häufigsten Themen der japanischen Kalligraphie und auch im alltäglichen Japan weit verbreitet. Dicke oder dünne Kreise, offene oder geschlossene, exakte oder schwungvoll verzerrte, leer oder mit Symbolen gefüllt: In zahlreichen Variationen symbolisiert der Enso die Erleuchtung und das Dasein im Moment, aber auch Kraft, Eleganz, das Universum und die Leere. Der Enso wird stark mit dem Zen-Buddhismus in Verbindung gebracht. Hier ist er ein beliebtes und heiliges Motiv, und viele zen-buddhistische Künstler gebrauchen die individuelle Enso-Darstellung als eine Art Unterschrift für ihre religiöse Kunst. Zwar gilt der Kreis in vielen Kulturen und religiösen Systemen als Symbol für das Göttliche, Perfekte, Absolute, Vollendete. Der japanische Enso aber ist nicht nur Träger von zahlreichen Interpretationen und metaphysischen und philosophischen Vorstellungen; er ist auch Ausdruck des Bewusstseinszustandes des Künstlers. Die Art, wie eine Person einen Enso malt, gibt Aufschluss über ihre geistige Verfassung und ihren spirituellen Fortschritt. Umgekehrt ist das Malen des Enso eine spirituelle Übung, um den Geist auf das Vollkommene zu konzentrieren – das Zen-Bemühen um die Quadratur des Kreises sozusagen. Neben der immer bestehenden Möglichkeit, dass die Kreissymbolik auch durch die Beobachtung von Mouches volantes inspiriert ist, verbindet genau diese Gleichsetzung von Kreis und Bewusstsein den japanischen Enso mit den Mouches volantes: Hier wie dort offenbart sich ein Mensch durch die Kreise, die er aus sich hervorbringt; das Aussehen der Kreise bzw. Kugeln lassen den Bewusstseinszustand dieses Menschen erkennen. Aber während japanische Kalligraphen mit dem Malen des Enso einen einzlenen momentanen Bewusstseinszustand in die objektive Welt bringen, beobachten die Seher die permanente Veränderung ihrer Bewusstseinszustände in ihren subjektiven visuellen Kreisen, den Mouches volantes. Immerhin: Ein wenig Enso-Stimmung kommt auf, wenn wir MV nicht nur beobachten, sondern das Beobachtete auch sorgfältig aufzuzeichnen versuchen. Dieses dauernde Abwechseln von Sehen und Zeichnen ist eine Herausforderung für sich selbst und kann, auch jenseits der hohen Kunst der Kalligraphie, durchaus meditativ wirken.
Quelle und Literatur:
Diese Bilder findet ihr auch in der Galerie sowie im Forum, wo sie zur Diskussion stehen. Ihr habt eigene Zeichnungen von Mouches volantes oder anderen entoptischen Phänomenen (Sternchen/Kreiselwellen, Nachbilder)? Oder ihr wisst von realistischen, künstlerischen und religiösen Darstellungen solcher Erscheinungen? Dann sendet mir das Bild oder gebt mir den Tipp, ich würde es gerne im Newsletter, in der Galerie oder auch im Forum veröffentlichen.
Die Hauptartikel sind nicht mehr frei zugänglich
PoD-Publikation von „Mouches Volantes – Eye Floaters as Shining Structure of Consciousness“ im Frühjahr 2009.
Im Klartext: „Mouches Volantes“ ist ein Nischenprodukt und „doesn’t sell“, jedenfalls nicht in den Dimensionen, die es in einer finanzkrisengeschüttelten Welt braucht. Wirklich überrascht hat uns dies allerdings nicht. Denn wir sind uns bewusst, dass wir mit der Verbindung von Mouches volantes und Spiritualität eine Pionierarbeit über ein Randthema leisten, das für die meisten Menschen keine Bedeutung hat oder als Anknüpfungspunkt für eine gelebte Spiritualität kaum nachvollziehbar ist. Trotzdem: Die vielen privaten Anfragen nach einer Übersetzung (v.a. aus den
USA, z.T. sogar von Lektoren, die uns absagen mussten …) haben uns
ermutigt, das englische „Mouches Volantes“ im Print-on-Demand-System
zu veröffentlichen, bei dem der Produzent jede einzelne Bestellung
verarbeiten, produzieren und durch ein weites Netz von Buchhandelskanälen
vertreiben kann. Die Rechte am Buch bleiben beim Leuchtstruktur Verlag,
für Cover, Layout und Werbung sind ebenfalls wir selbst zuständig.
Die betreffende Firma heisst Lightning Source (lightningsource.com)
und vertreibt weltweit. Ein genauer Publikationstermin steht noch nicht
fest, das Buch wird irgendwann im Frühjahr 2009 mit dem Titel „Mouches
Volantes – Eye Floaters als Shining Structure of Consciousness“
weltweit erhältlich sein.
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