Thema des neuen Buches sind wieder die Gespräche zwischen Floco, Nestor und den Seherinnen und Sehern der „linken Seite der Emme“. Erstmals begegnet Floco aber auch anderen Schülerinnen und Schülern, die das Sehen lernen. Im Mittelpunkt der Gespräche und Begegnungen steht das ganzheitliche Sehen der transparenten fliegenden Punkte und Fäden im Blickfeld, den so genannten „Mouches volantes“. Erforscht und beschrieben werden sie als Konzentrationsgegenstand für die Meditation mit offenen Augen; als leuchtende Bewusstseinsstruktur, in welcher wir einen Weg zu unserem Ursprung zurücklegen; sowie als Ursache von Erscheinungen in Natur und Kultur.
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Die frappanteste Entdeckung war, dass die Erde aus konzentrischen Schichten oder Schalen besteht, ähnlich einer Zwiebel. Je nach Fokus und Kenntnisstand unterscheiden WissenschaftlerInnen mehrere Schalen. Vereinfachend lassen sich – von aussen nach innen – drei Schalen nennen: die Kruste, der Mantel sowie der Kern. Die Atmosphäre wird oft nicht mitgezählt, lässt sich aber als gasförmige äusserste Schale unseres Planeten begreifen.
Die Kruste ist die dünnste der drei Schalen. Sie setzt sich hauptsächlich aus Verbindungen von Sauerstoff und Silizium zusammen und besteht aus mehreren Kontinentalplatten. Diese Platten bewegen sich an manchen Stellen voneinander weg, an anderen zueinander hin (Plattentektonik). Dabei bilden sich an manchen Stellen Risse (Ozeanbodenspreizung), an anderen schiebt sich die eine Platte unter die andere (Subduktion). Die Kräfte, die sich an diesen Grenzen entladen, führen zur Entstehung von Bergen, zu Erdbeben und zu Vulkanausbrüchen.
Diese Platten driften auf der Oberfläche des Mantels (Kontinentaldrift), der nächsten und volumenmässig grössten Schale der Erde. Der Mantel besteht hauptsächlich aus Magma, d.h. flüssigem Stein (v.a. Peridotit). Das Magma bewegt sich in sog. Konvektionsströmen (Mantelkonvektion): Über Millionen von Jahren steigt es aus dem Erdinneren zur Oberfläche auf, kühlt sich dabei ab und sinkt wieder in Richtung Kern. An manchen Stellen dringt es durch die Kruste und wird beispielsweise in Vulkanausbrüchen ausgespien.
Der metallische Kern besteht grösstenteils aus Eisen und wird zusätzlich in einen äusseren zähflüssigen sowie einen inneren festen Teil unterschieden. Im äusseren Kern erzeugt das fliessende Eisen elektrische Ströme und damit das Magnetfeld der Erde. Der innere Kern ist mit 6000 °C so heiss wie die Oberfläche der Sonne. Dennoch ist er fest, da der Druck hier so gross und damit der Schmelzpunkt so hoch ist, dass die Metalle nicht schmelzen.
Warum ist die Erde eine Kugel mit mehreren Schichten oder Schalen? Werfen wir einen Blick in die Zeit vor rund 4,6 Mrd. Jahren, als unser Sonnensystem entstanden ist. Die junge Sonne war in eine Gas- und Staubwolke gehüllt, die mit schweren Elementen angereichert war (Silizium, Eisen, Magnesium u.a.). In dieser heissen Wolke kollidierten die schweren Elemente, blieben aneinander haften und wuchsen über Millionen von Jahren allmählich zu grösseren Klumpen heran. Einer dieser grösseren Klumpen war die junge Erde. Während Jahrmillionen gingen Meteoritenschauer auf sie nieder, und sie kollidierte mit anderen frühen Planeten. Diese Kollisionen liessen die Erde immer grösser und heisser werden. Dadurch nahm auch ihre Schwerkraft zu. Diese bewirkte, dass noch mehr umliegendes Material anzogen wurde, und dass die Massen gegen die Mitte der Erde gezogen wurden, wodurch die Kugelform entstand. Die Gravitation bewirkte aber auch die sog. „Differenzierung“ der Elemente: Die Elemente aus dem Sternenstaub waren ursprünglich durchmischt, aber durch die Hitze und die Gravitation trennten sie sich allmählich auf. Das dichtere Eisen wurde zum Mittelpunkt der Erde gezogen, das weniger dichte Silizium blieb weiter oben. Aus der homogenen Ursubstanz der Erde entstand auf diese Weise ein Kern aus Eisen und ein Mantel aus Silikaten.
Die Kugelform und der Schalenaufbau sind typische Charakteristiken nicht nur der Erde, sondern aller Planeten im Sonnensystem, ob sie nun erdähnlich oder gasförmig sind. Immer gibt es einen Kern aus Metallen, Stein oder Eis, der umgeben ist von gasförmigen, flüssigen oder festen Elementen in diversen Dichten. Dasselbe kann für die Planeten ausserhalb des Sonnensystems vermutet werden, die AstronomInnen seit den 1990er Jahren in immer grösserer Zahl finden und beobachten.
Damit weisen die Planeten dieselben grundsätzlichen Charakteristiken auf wie die Kugeln der Leuchtstruktur. In beiden Fällen haben wir es mit beweglichen Kugeln zu tun, auch wenn Planeten aufgrund ihrer Oberflächenstruktur und der Fliehkraft der Rotation keine exakten Kugeln sind. In beiden Fällen sind diese Kugeln in ein stabiles Gefüge um ein Zentrum eingegliedert – das Sonnensystem mit der Sonne einerseits, und die Leuchtkugelkonstellationen mit der Quelle andererseits. Und in beiden Fällen zeichnen sich diese Kugeln durch eine gewisse Leuchtkraft und durch die Kern-Umkreis-Struktur aus.
Sowohl bei Planeten wie auch bei den Leuchtkugeln sind die Leuchtkraft und die Kern-Umkreis-Struktur dynamisch. Die Erde beispielsweise entwickelte sich im Verlauf der Zeit von einer kleineren zu einer grösseren, von einer leuchtenden (heissen) zu einer weniger leuchtenden (bzw. nur noch im Inneren leuchtenden) und von einer chemisch homogenen zu einer entmischten Kugel mit Schalenaufbau. Eine ähnliche Entwicklung findet in der Leuchtstruktur statt, wonach kleinere – und womöglich sehr konzentrierte Kugeln ohne sichtbare Kern-Umkreis-Struktur – zu grösseren, leuchtenden Kugeln mit klar unterscheidbarem Kern und Umkreis werden. Dies geschieht zwar nicht dadurch, dass die Leuchtkugeln an Masse zunehmen wie bei den Planeten. Sondern dadurch, dass der Beobachter sich durch die Investition von Energie (Ekstase) den Kugeln nähert.
Dennoch können wir sowohl die Leuchtstruktur wie die Planeten unter anderem als Systeme begreifen, die ihre Substanz anhand der Dichte auftrennen – chemische Elemente im Fall der Planeten, Licht und Materie (bzw. dichteres und weniger dichtes Licht) im Fall der Leuchtstruktur. Diese Differenzierung ist sowohl in der geologischen wie der mythisch-philosophischen Entwicklung der Welt ein wesentlicher Vorgang. Auf der Erde war die Auftrennung der Elemente eine Voraussetzung für die Entstehung des Lebens – und von Bewusstsein, wie wir es kennen. Denn die Kruste des Planeten hatte auf diese Weise jene chemische Zusammensetzung, die für die Bildung und Vervielfältigung komplexer organischer Moleküle notwendig war, aus denen schliesslich lebendige Zellen entstanden. Philosophische Entwicklungstheorien wiederum gehen zuweilen von einer undifferenzierten Ursubstanz aus, aus der differenzierte Substanzen entstehen. Auch die Lehre der Seher besagt, dass sich das ursprüngliche Bewusstseinslicht in seine hellen und dunklen Anteile teilt und auf diese Weise die Leuchtstruktur hervorbringt.
In umgekehrter Richtung, auf dem spirituellen Weg von der Vielheit zurück in die Einheit, ist diese Entmischung der Prozess, den wir durchlaufen müssen, um zum Ursprung zu gelangen. Aus seherischer Sicht muss zuerst das gesamte Bild in die Dualität aufgeteilt werden, bevor wir die Dualität überwinden können. Der Weg in der Leuchtstruktur beinhaltet diese Auftrennung, insofern die Leuchtstruktur allmählich zur vordergründigen Realität wird. Dabei spaltet sie immer grössere Teile des Bildes, in dem die Substanzen vermischt sind, in absolutes Licht und absolute Materie auf. Entmischung ist somit nicht nur ein Prinzip, das zu Leben und Bewusstsein führt, sondern auch zur Befreiung.
Wer sich einlässt, wird mit sich selbst konfrontiert – und schon befindet man sich mitten in der Lebens- und Arbeitswelt der vielseitigen Künstlerin aus der Wesermarsch. Achtsamkeit, Selbstwahrnehmung, Bewusstwerdung – für Jessica ist die Entwicklung dieser Qualitäten nicht nur Anlass zur Kunst und zur Übung im Stillen. Sondern sie bestimmt auch ihr berufliches Wirken in Schulen, Kindertagesstätten und Alters- und Pflegeheimen. So trägt die Dozentin und Lehrerin im Bereich Achtsamkeit, Kreativität und Meditation dazu bei, dass Menschen von der Entfremdung in die Selbstwahrnehmung, von der Vereinzelung in die Ganzheit, vom Lärm in die Stille und von der Beschleunigung in die Ruhe finden.
Jessicas Bilder sind Momente der Achtsamkeit, wie sie sowohl im Alltag, als auch in der Meditation erfahren werden können. Momente, in denen sich innere Vorgänge in aller Deutlichkeit offenbaren. Jessica spricht von „Elementaren“ – Gefühle, die Form und Farbe geworden sind. Sie erscheinen als einzelne Elemente, manche Bilder enthalten mehrere Hundert davon. Doch die Elementare bedingen einander, wirken miteinander, fliessen ineinander über. Bevor sie Gefühle wurden, waren sie Klänge, die aus einer gemeinsamen Quelle stammen, in die sie auch wieder zurückkehren werden. Jessicas Bilder sind also auch Momente, in denen scheinbar getrennte und widerstrebende Dinge in der Tiefe miteinander verbunden sind. Davon zeugen auch Symbole wie das Rad der Elemente, die ineinander verschachtelten Dreiecke der Merkaba oder die Blume des Lebens – immer geht es um die Verbindung von menschlichen, natürlichen und kosmischen Ebenen und Dualitäten.
Jessicas Elementare lassen sich auch als jene farbigen geometrischen Lichterscheinungen verstehen, die mit dem inneren Sinn gesehen werden können. In der Physiologie werden sie als „Phosphene“ bezeichnet und als Entladungen von Sehnervenzellen erklärt. Doch Meditierende berichten seit jeher über die intensive und bedeutungsvolle Erscheinung innerer Lichter. Jessicas Verbindung dieser Formen mit dem feinstofflichen Klang lässt beispielsweise an den indischen Yoga denken, Bereits die Upanishaden berichten, dass die Yogapraxis subjektive visuelle Lichterscheinungen zusammen mit inneren Klängen hervorbringen kann. Diese Lichterscheinungen werden u.a. als Aspekte des Ur-Klangs Om begriffen (Tausin 2019).
Für die Seher handelt es sich bei den inneren farbigen Lichtern um die Kugeln und Fäden der Leuchtstruktur, die in ihren Energiefeldern erscheinen (vgl. Diagramm), und die wiederum als Meditationsobjekt eingesetzt werden können (vgl. News 2/19). Doch Jessicas Bilder erinnern uns daran, wie diese Lichter mit unserem Sein und Wirken als Menschen verbunden sind: Als Licht, Farbe und Form gewordene Gefühle sind es Gefühle, die wir durchlebt und aufgelöst haben. Gefühle, die wir als Licht sehen dürfen und nicht mehr als kleine Welt erfahren müssen. Gefühle, an denen wir uns im Hier und Jetzt erfreuen können, ohne dass sie uns binden, behindern oder vom Moment ablenken. Oder wie Jessica es ausdrückt: „Sie alle kommen in friedlicher Absicht.“
Danke, Jessica, für deine Bilder!
Das Atmen ist in mehrerer Hinsicht mit dem Sehen verbunden. In Stresssituationen atmen wir schnell und flach. Langsam und tief geht der Atem, wenn wir ruhig und entspannt sind. Schon das tiefe und bewusste Atmen beruhigt und mittet uns und hilft, uns besser auf die Leuchtstruktur zu konzentrieren (siehe Atmen I, News 3/19).
Die Seher verwenden bestimmte Atemübungen aber auch als ein Mittel für den konstruktiven Umgang mit der sexuellen Energie (siehe Atmen II, News 1/20) sowie für die Erhöhung des inneren Drucks und die Steigerung der Bewusstseinsintensität. So erhöhen sie ihre Fähigkeit zur Ekstase und damit das Licht in der Leuchtstruktur.
VORSICHT: Die folgenden Atemübungen kombinieren das Atmen mit bestimmten Körperstellungen und Muskelanspannungen, um den inneren Druck zu erhöhen. Sie können starkes Herzklopfen, Schwindel und Wahrnehmungsveränderungen auslösen und im Extremfall zur Ohnmacht führen. Nicht bei Krankheit oder Unwohlsein anwenden. Für den Anfang nicht zu tief einatmen, den Druck nicht in den Bauch verlagern und die Positionen nicht zu lange halten. Wer es gut verträgt, kann das Atmenvolumen und die Dauer des Haltens allmählich steigern und den Druck in den Bauch verlagern.
1) Im Stehen einatmen und den ganzen Körper anspannen, insbesondere die Hände zur Faust ballen und leicht nach innen kehren, die Füsse fest in den Boden krallen, leicht in die Knie gehen. Die Muskeln der Arme, der Beine, des Bauches und des Rückens anspannen. Die Muskeln des Damm und des Anus anspannen. Halsmuskeln und Kopfmuskeln (Ohren nach hinten oben ziehen) anspannen. Zur Steigerung der Intensität kann der Druck vom Brustkorb in den Bauch verlagert werden, d.h. Bauch nach aussen drücken. Den Mund weit öffnen und Zunge weit herausstrecken. Den Blick nach oben zwischen die Brauen richten, wenn möglich das innere Licht betrachten. Position halten. Dann ausatmen, den Körper entspannen. Gut durchatmen, Körper lockern.
2) Im Stehen einatmen und dabei die Arme nach oben über den Kopf heben. Atem anhalten, Zunge zum Gaumen drücken, den Blick nach oben zwischen die Augenbrauen richten (doppeln), Damm-/Anusmuskulatur anspannen. Zur Steigerung der Intensität kann der Druck vom Brustkorb in den Bauch verlagert werden, d.h. Bauch nach aussen drücken. Position halten. Dann mit dem Ausatmen die Arme nach unten nehmen. Gut durchatmen, Körper lockern.
3) Im Stehen einatmen und den Oberkörper nach vorn und unten beugen (Kopf-Knie-Position). Die Beine bleiben gestreckt, die Knie leicht angewinkelt. Die Arme entspannt hängen lassen. Atem anhalten, Zunge zum Gaumen drücken, den Blick nach oben zwischen die Augenbrauen richten (doppeln), Damm-/Anusmuskulatur anspannen. Zur Steigerung der Intensität kann der Druck vom Brustkorb in den Bauch verlagert werden, d.h. Bauch nach aussen drücken. Position halten. Dann mit dem Ausatmen den Oberkörper wieder aufrichten. Gut durchatmen, Körper lockern.
4) Im Stehen einatmen und dabei die linke Hand nach oben über den Kopf heben und den Oberkörper zur rechten Seite beugen. Atem anhalten. Zunge zum Gaumen drücken, den Blick nach oben zwischen die Augenbrauen richten (doppeln), Damm/-Anusmuskulatur anspannen. Zur Steigerung der Intensität kann der Druck vom Brustkorb in den Bauch verlagert werden, d.h. Bauch nach aussen drücken. Position halten. Dann mit dem Ausatmen den Oberkörper wieder aufrichten und den linken Arm nach unten nehmen. Gut durchatmen, Körper lockern. Die Übung mit linksseitiger Beugung wiederholen.
5) Im Stehen die Füsse schulterbreit stellen. Einatmen und dabei den Oberkörper nach links drehen und die Arme mitnehmen (rechter Arm vor dem Körper zeigt nach links, linker Arm hinter dem Körper zeigt nach rechts). Atem anhalten. Zunge zum Gaumen drücken, den Blick nach oben zwischen die Augenbrauen richten (doppeln), Damm-/Anusmuskulatur anspannen. Zur Steigerung der Intensität kann der Druck vom Brustkorb in den Bauch verlagert werden, d.h. Bauch nach aussen drücken. Position halten. Dann mit dem Ausatmen den Oberkörper wieder zurückdrehen, die Arme senken und neben dem Rumpf hängen lassen. Gut durchatmen, Körper lockern. Die Übung mit rechtsseitiger Drehung wiederholen.
- Tausin, Floco (2010): Mouches Volantes - Die Leuchtstruktur des Bewusstseins. Bern: Leuchtstruktur Verlag